Handakten

§ 50 BRAO wurde durch die "kleine BRAO-Reform" vom 12.05.2017 in Teilen neu gefasst und lautet jetzt:

(1) Der Rechtsanwalt muss durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können. Er hat die Handakten für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Auftrag beendet wurde.

(2) Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben. Macht der Auftraggeber kein Herausgabeverlangen geltend, hat der Rechtsanwalt die Dokumente für die Dauer der Frist nach Absatz 1 Satz 2 und 3 aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht gilt nicht, wenn der Rechtsanwalt den Auftraggeber aufgefordert hat, die Dokumente in Empfang zu nehmen, und der Auftraggeber dieser Aufforderung binnen sechs Monaten nach Zugang nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die Korrespondenz zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber sowie für die Dokumente, die der Auftraggeber bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten hat.

(3) Der Rechtsanwalt kann seinem Auftraggeber die Herausgabe der Dokumente nach Absatz 2 Satz 1 so lange verweigern, bis er wegen der ihm vom Auftraggeber geschuldeten Gebühren und Auslagen befriedigt ist. Dies gilt nicht, soweit das Vorenthalten nach den Umständen unangemessen wäre.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, sofern sich der Rechtsanwalt zum Führen von Handakten oder zur Verwahrung von Dokumenten der elektronischen Datenverarbeitung bedient.

(5) In anderen Vorschriften getroffene Regelungen zu Aufbewahrungs- und Herausgabepflichten bleiben unberührt.

Zu den Details lesen Sie bitte Offermann-Burckart, in: Henssler/Prütting, Kommentar zur BRAO, 5. Aufl. 2019.


Informationen zur Vorläufer-Version unter:
Offermann-Burckart,
in: Kilian/Offermann-Burckart/vom Stein (Hrsg.),
Praxishandbuch Anwaltsrecht,
2. Aufl. 2010, Deutscher AnwaltVerlag (ISBN 978-3-8240-1036-3)

§ 14 Rdn. 1 ff.

Nach § 50 Abs. 2 S. 1 BRAO sind die Handakten "auf die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung des Auftrags" aufzubewahren.

Gem. § 50 Abs. 2 S. 2 BRAO erlischt die Pflicht zur Aufbewahrung der Handakten und damit auch die Pflicht, die Handakten noch länger zur Herausgabe oder Befriedigung eines vielleicht irgendwann einmal geltend gemachten Herausgabeanspruchs vorzuhalten, wenn der Rechtsanwalt den Auftraggeber aufgefordert hat, die Handakten in Empfang zu nehmen, und der Auftraggeber dieser Aufforderung innerhalb von sechs Monaten nicht nachgekommen ist.

Gem. § 50 Abs. 3 S. 1 BRAO kann der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber die Herausgabe der Handakten verweigern, bis er wegen seiner Gebühren und Auslagen befriedigt ist.

§ 50 Abs. 3 BRAO geht dem allgemeinen Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB als lex specialis vor.




BGH zur Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe von Handakten

BGH, Urt. v. 15.10.2020 - IX ZR 243/19

Der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Handakten verjährt nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Die berufsrechtlichen Bestimmungen über die Länge der Aufbewahrungsfrist haben keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung.

Vgl. hierzu auch die Anmerkung von Offermann-Burckart, NJW 2020, 3725, 3727. 

BGH bejaht die umstrittene Frage, ob (auch) eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht


BGH, Urt. v. 03.11.2014 - AnwZ (Brfg) 72/13
BGH, Urt. v. 03.11.2014 - AnwSt (R) 5/14

Dass es eine Berufspflichtverletzung darstellt, die Herausgabe der Handakten ungerechtfertigt zu verweigern, ergibt sich u.a. aus § 50 BRAO. § 50 Abs. 3 BRAO gewährt dem Rechtsanwalt in bestimmten Fällen ein Zurückbehaltungsrecht.

Die Regelung eines Zurückbehaltungsrechts in der Bundesrechtsanwaltsordnung macht überhaupt nur dann Sinn, wenn man gleichzeitig für den Normalfall von einer berufsrechtlichen Herausgabepflicht ausgeht.