Sachlichkeitsgebot

§ 43a Abs. 3 BRAO besagt:

"Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten oder solchen herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlass gegeben haben." 


BVerfGE 76, 171, 192

Als unabhängiges Organ der Rechtspflege und als der berufene Berater und Vertreter der Rechtsuchenden hat er (der Rechtsanwalt) die Aufgabe, zum Finden einer sachgerechten Entscheidung beizutragen, das Gericht - und ebenso Staatsanwaltschaft oder Behörden - vor Fehlentscheidungen zu Lasten seines Mandanten zu bewahren und diesen vor verfassungswidriger Beeinträchtigung oder staatlicher Machtüberschreitung zu sichern; insbesondere soll er die rechtsunkundige Partei vor der Gefahr des Rechtsverlustes schützen (...). Die Wahrnehmung dieser Aufgaben erlaubt es dem Anwalt - ebenso wie dem Richter - nicht, immer so schonend mit den Verfahrensbeteiligten umzugehen, dass diese sich nicht in ihrer Persönlichkeit beeinträchtigt fühlen. Nach allgemeiner Auffassung darf er im "Kampf um das Recht" auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, ferner Urteilsschelte üben oder "ad personam" argumentieren, um beispielsweise eine mögliche Voreingenommenheit eines Richters oder die Sachkunde eines Sachverständigen zu kritisieren.


Quaas,
in: Offermann-Burckart (Hrsg.), Anwaltsrecht in der Praxis (Berufsrecht, Kanzlei, Vergütung),
1. Aufl. 2010, Verlag C.H. Beck (ISBN 978-3-406-59995-8)

§ 12 Rdn. 20 f.

Darf der Anwalt lügen? Das Berufsrecht sagt eindeutig nein (vgl. § 43a Abs. 3 S. 2 BRAO: "bewusste Verbreitung von Unwahrheiten").

Wer schweigt, lügt nicht. Das Weglassen ungünstiger Tatsachen stellt keine (bewusste) Verbreitung von Unwahrheiten dar. Im Übrigen muss sich die Unwahrheit des anwaltlichen Vortrags auf die Darstellung von Tatsachen beziehen.