Werbung

Die gute Nachricht:
Auch Rechtsanwälte dürfen werben.
Erlaubt ist - fast - alles.


Quaas,
in: Offermann-Burckart (Hrsg.), Anwaltsrecht in der Praxis (Berufsrecht, Kanzlei, Vergütung),
1. Aufl. 2010, Verlag C.H. Beck (ISBN 978-3-406-59995-8)

§ 12 Rdn. 40 ff.

Anwaltliche Werbung ist nach § 43b BRAO dahin eingeschränkt, dass sie
- über die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts unterrichten (Berufsbezogenheit der Werbung) und
- in Form und Inhalt sachlich sein muss (Sachlichkeit der Werbung) und
- nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sein darf (Verbot der Mandatswerbung).




Offermann-Burckart,
in: Offermann-Burckart (Hrsg.),Anwaltsrecht in der Praxis (Berufsrecht, Kanzlei, Vergütung)
1. Aufl. 2010, Verlag C.H. Beck (ISBN 978-3-406-59995-8)

§ 9 Rdn. 153 ff.

Das BVerfG (NJW 2004, 2656 - Spezialisten-Entscheidung) stellte den "Spezialisten" als eine Art aliud neben den "Fachanwalt" ... .

§ 7 BORA n.F. ist nicht Lehr-, sondern Leerformel.

Von der Systematik her legt auch der neue § 7 BORA eine dreiteilige Stufenleiter fest, die jetzt lautet:
Teilbereiche der Berufstätigkeit ohne qualifizierende Zusätze
Teilbereiche der Berufstätigkeit mit qualifizierenden Zusätzen
Fachanwaltsbezeichnungen.

Welche Voraussetzungen der Rechtsanwalt, der Spezialisierungshinweise führt, erfüllen muss, hängt davon ab, ob er die untere Stufe, nämlich die Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit, oder die höhere Stufe, nämlich die Angabe solcher Teilbereiche mit qualifizierenden Zusätzen, wählt.

§ 7 Abs. 2 1. Alt. BORA bestimmt ausdrücklich, dass Benennungen nach Abs. 1 unzulässig sind, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen.


Spezialist, die zweite:
Fachanwalt und Spezialist (für Erbrecht) muss höchste Anforderungen erfüllen

BGH, Urt. v. 05.12.2016 - AnwZ (Brfg) 31/14

Einer näheren Auseinandersetzung mit dem ... Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 24. Juli 2014 und der hieran geübten Kritik bedarf es nicht. Der vorliegende Fall liegt deshalb besonders, weil der Kläger sich nicht nur als "Spezialist für Erbrecht" bezeichnet, sondern zusätzlich den Titel "Fachanwalt für Erbrecht" führt. Die Bezeichnung "Spezialist" kann unter diesen Umständen nicht nur bedeuten, dass der Kläger Kenntnisse und praktische Erfahrungen aufweist, die denjenigen eines Fachanwalts entsprechen. Ein solcher Hinweis wäre überflüssig. Wer den Titel "Fachanwalt für Erbrecht" führt und sich zusätzlich als "Spezialist für Erbrecht" bezeichnet, verwendet die genannten Begriffe nicht synonym, sondern bringt zum Ausdruck, dass seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen diejenigen eines "Nur-Fachanwalts" nicht nur unerheblich überschreiten. Hinzu kommt, dass der Kläger sich außerdem als "Spezialist für Erbschaftsteuer" bezeichnet. Der Ausdruck "Spezialist für Erbrecht und Erbschaftsteuer" unterscheidet, was die Tiefe der Kenntnisse und den Umfang der praktischen Erfahrungen angeht, nicht zwischen dem Oberbegriff des Erbrechts und dem Teilgebiet des Erbschaft-steuerrechts. Der Kläger berühmt sich besonderer, diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich übersteigender Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet des Erbrechts, wobei das Erbschaftsteuerrecht nur beispielshaft herausgestellt wird.


Dipl.-Wirtschaftsjurist auf Briefbogen nur mit Klarstellung zulässig

BGH, Beschl. v. 18.12.2015 - AnwZ (Brfg) 19/15

Die Verwendung eines (gemeinsamen) Briefkopfs stellt ein werbendes Verhalten dar, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rechtsanwalts zu gewinnen. Sie unterliegt damit den anwaltliche Werbemaßnahmen einschränkenden Bestimmungen der §§ 43b, 59b Abs. 2 Nr. 3 BRAO i.V.m. §§ 8 ff. BORA, wobei im Lichte der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit im Einzelfall nicht die Gestattung der Anwaltswerbung, sondern deren Beschränkung einer besonderen Rechtfertigung bedarf.

Ein Briefbogen, durch den der falsche Eindruck erweckt wird, es bestehe zwischen dem Rechtsanwalt und einer mit aufgeführten Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) eine berufliche Zusammenarbeit in Form einer Sozietät, ist irreführend. Es obliegt dem Anwalt, einen klarstellenden Hinweis aufzunehmen (§ 8 S. 2 BORA).


BGH verbietet Schockwerbung

BGH, Urt. v. 27.10.2014 - AnwZ (Brfg) 67/13

Die Grenzen zulässiger anwaltlicher Werbung sind überschritten, wenn die Werbung darauf abzielt, gerade durch ihre reißerische und/oder sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, mit der Folge, dass ein etwa vorhandener Informationswert in den Hintergrund gerückt wird oder gar nicht mehr erkennbar ist. Derartige Methoden sind geeignet, die Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachwalterin der Interessen Rechtsuchender zu beschädigen.

Bestätigt durch:

BVerfG, Beschl. v. 05.03.2015 - 1 BvR 3362/14

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des betroffenen Rechtsanwalts nicht zur Entscheidung angenommen und festgestellt, dass weder eine Verletzung der Meinungsfreiheit noch eine solche der Kunstfreiheit oder der Freiheit der Berufsausübung ersichtlich sei.


Zur Zulässigkeit des Führens einer Spezialisten-Bezeichnung auch auf einem von einer Fachanwaltschaft belegten Rechtsgebiet

BGH, Urt. v. 24.07.2014 - I ZR 53/13

Entsprechen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts, der sich als Spezialist auf einem Rechtsgebiet bezeichnet, für das eine Fachanwaltschaft besteht, den an einen Fachanwalt zu stellenden Anforderungen, besteht keine Veranlassung, dem Rechtsanwalt die Führung einer entsprechenden Bezeichnung zu untersagen, selbst wenn beim rechtsuchenden Publikum die Gefahr einer Verwechslung mit der Bezeichnung "Fachanwalt für Familienrecht" besteht.

Der sich selbst als Spezialist bezeichnende Rechtsanwalt trägt für die Richtigkeit seiner Selbsteinschätzung die Darlegungs- und Beweislast.


BGH relativiert Verbot der Einzelfallwerbung

BGH, Urt. v. 13.11.2013 - I ZR 15/12

Ein Rechtsanwalt verstößt nicht zwingend gegen das Verbot der Werbung um Praxis (§ 43b BRAO), wenn er einen potenziellen Mandanten in Kenntnis eines konkreten Beratungsbedarfs (hier: Inanspruchnahme als Kommanditist einer Fondsgesellschaft auf Rückzahlung von Ausschüttungen) persönlich anschreibt und seine Dienste anbietet. Ein Verstoß liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Adressat einerseits durch das Schreiben weder belästigt, genötigt oder überrumpelt wird und er sich andererseits in einer Lage befindet, in der er auf Rechtsrat angewiesen ist und ihm eine an seinem Bedarf ausgerichtete sachliche Werbung hilfreich sein kann (...).


Kanzlei darf auch dann "Steuerbüro" heißen, wenn weder ein Steuerberater noch ein Fachanwalt für Steuerrecht in ihr tätig ist

BGH, Urt. v. 18.10.2012 - I ZR 137/11

Erbringt ein Rechtsanwalt zu einem überwiegenden Teil seiner Berufstätigkeit Hilfeleistungen in Steuersachen und ist deshalb die Angabe "Steuerbüro" in seiner Kanzleibezeichnung objektiv zutreffend, so ist diese Angabe nicht allein deshalb als irreführend zu verbieten, weil ein Teil der an diesen Dienstleistungen interessierten Verbraucher aus der Angabe "Steuerbüro" den unrichtigen Schluss zieht, in der Kanzlei sei auch ein Steuerberater oder ein Fachanwalt für Steuerrecht tätig.


Hinweis "Vorsorgeanwalt" auf dem Briefbogen (doch) zulässig

AGH NRW, Urt. v. 02.10.2012 - 2 AGH 29/11

Der Senat geht zwar nach wie vor davon aus, dass die Bezeichnung "Vorsorgeanwalt" aus der Sicht der rechtsuchenden Bürger nicht ohne Weiteres erkennen lässt, welche speziellen Dienstleistungen und Kenntnisse der Kläger anbietet. Auch kommt der Begriff der "Vorsorge" in vielen unterschiedlichen Lebensbereichen vor, ... .

Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Bezeichnung "VorsorgeAnwalt" als nicht sachliche Information zu verbieten und die Werbung mit der Bezeichnung "VorsorgeAnwalt" vor diesem Hintergrund berufswidrig ist.

Abkehr von AGH NRW, Urt. v. 07.01.2011 (2 AGH 36-38/10)